السبت، 14 يونيو 2008

Deutsche Literatur der Gegenwart

Deutsche Literatur der Gegenwart

Aktuelle, teils wieder vergehende Tendenzen der deutschen Literatur ist zum Beispiel die so genannte Popliteratur und ein Boom an Debütantinnen und Jungautoren. Diese Erscheinungen sind zum Teil vom Buchmarkt gesteuert, der seit 1945 enorm angewachsen ist und spätestens seit den 1990er Jahren so groß ist, dass selbst gute Literatur schwer über die Wahrnehmungsschwelle kommt.
Der aktuellen deutschsprachigen Literatur wird oft politische Indifferenz vorgeworfen sowie ein Kreisen um autobiografische Themen aus der Kindheit. Ein Kontrapunkt ist hier die Verleihung des Literaturnobelpreises 2004 an Elfriede Jelinek, die politisch und feministisch engagierte Literatur schreibt.
Ein nicht mehr ganz junges Phänomen in der deutschen Literatur der Gegenwart tritt im süddeutschen Sprachraum bzw. in Österreich zutage. Angesprochen ist hier die „Postmoderne“ und noch viel mehr das literarische Phänomen „postmoderner Roman“. Als bedeutende Autoren sind hier zu nennen: Oswald Wiener, Hans Wollschläger, Christoph Ransmayr, Walter Moers und Marlene Streeruwitz.
Bekannteste Science Fiction-Autoren aus Deutschland sind Andreas Eschbach und Frank Schätzing.
Als renommierter deutscher Kriminalautor gilt Peter Schmidt.
Zu den bekannten Autoren der Popliteratur gehören u. a. Christian Kracht (Faserland), Benjamin von Stuckrad-Barre (Soloalbum) und Rainald Goetz (Irre).
Zudem haben seit den 1990er Jahren im deutschsprachigen Literaturraum multikulturelle Literaturen wieder an Bedeutung gewonnen; z. B. hat sich eine deutsch-türkische Literatur auf höchstem Niveau etabliert, deren Wurzeln in der Migrationsliteratur der 60er Jahre liegen. Ein türkischstämmiger Schriftsteller wie Feridun Zaimoglu gehört heute zu den wichtigsten jüngeren Gegenwartsautoren deutscher Sprache. Auch Vertreter anderer multikultureller Literaturen, wie Wladimir Kaminer oder Rafik Schami gelten als für die deutschsprachige Gegenwartsliteratur bedeutende Autoren.
Einer der wichtigsten Lyriker seit Ende der 1980er Jahre ist neben Marcel Beyer, Durs Grünbein und Uwe Kolbe vor allem Thomas Kling (1957-2005), der mit seiner oft phonetisch orientierten Schreibweise für belebende Akzente in der deutschsprachigen Poesie gesorgt hat.
Herausragende zeitgenössische Romanautoren sind Martin Mosebach, Ulrich Peltzer, Juli Zeh und Dietmar Dath.

Nachkriegsliteratur (nach 1945)

Nachkriegsliteratur (nach 1945)

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sprach man von einem literarischen Nullpunkt. Die „Trümmerliteratur“ beschrieb eine zusammengebrochene Welt, bald besann man sich aber darauf, versäumte Entwicklungen der Weltliteratur nachzuholen, erst jetzt, über zwanzig Jahre nach seinem Tode, wurde Franz Kafka entdeckt. Die Wiener Gruppe praktizierte innovative Formen der Lyrik, in Westdeutschland formierte sich die Gruppe 47, deren lose assoziierten Mitglieder tonangebend in der Nachkriegsliteratur waren.
Mit dem Entstehen neuer deutscher Staaten entstanden unterschiedliche Bedingungen für die Literatur. Im Folgenden werden die deutsche Literatur der BRD, der DDR, Österreichs und der Schweiz getrennt dargestellt, die Unterschiede sollten aber nicht überbewertet werden: Immerhin handelt es sich um eine gemeinsame Sprache und, mit Ausnahme der DDR, um einen gemeinsamen Markt.
Bundesrepublik Deutschland
Unmittelbar nach 1945 wurde der Schrecken des Krieges und die Situation der Heimgekehrten dargestellt. Eine neu entdeckte Form dafür war die Kurzgeschichte, etwa von Heinrich Böll (1917–1985). Nach dem Einsetzen des deutschen Wirtschaftswunders, konzentrierte man sich auf die Gegenwart, Romane von Wolfgang Koeppen (1906–1996), Siegfried Lenz (1926), Christine Brückner (1921–1996) und Martin Walser (1927) behandeln dies. Günter Grass (1927), Literaturnobelpreisträger des Jahres 1999, schrieb „Die Blechtrommel“, einen Schelmenroman, der die jüngere deutsche Geschichte behandelte und auch international hohes Ansehen errang. Wichtiger Lyriker der Zeit war Günter Eich (1907–1972), der auch Hörspiele schrieb, ein damals sehr populäres Genre. Konkrete Poesie stammte u. a. von Helmut Heißenbüttel (1921–1996).
Autoren, die sich nur schwer einer bestimmten Richtung zuordnen lassen, sind Uwe Johnson (1934–1984), der vom Nouveau roman geprägte Ror Wolf (1932) und der experimentierfreudige Arno Schmidt (1914–1979). Wolfgang Hildesheimer (1916–1991) schrieb absurde Dramen zu einer Zeit, als die Theaterlandschaft noch immer von Bertolt Brecht geprägt war.
Mit dem Vietnamkrieg und der 68er-Bewegung besann man sich auf das politische Gedicht (Hans Magnus Enzensberger (1929), Erich Fried (1921–1988)) und das politische Drama (Peter Weiss (1916–1982), Rolf Hochhuth (1931). Eine dem entgegengesetzte Tendenz war die „Neue Subjektivität“, die Beschäftigung mit privaten Themen (u. a. Jürgen Theobaldy). Herausragender deutschsprachiger Pop- und Underground-Lyriker der 70er Jahre war Rolf Dieter Brinkmann (1940–1975).
In den 80er Jahren traten Botho Strauß (1944) (Drama) und Ulla Hahn (1946) und später Durs Grünbein (1962) (Lyrik) hervor.
Deutsche Demokratische Republik
Die DDR definierte sich selber als „Literaturgesellschaft“ (der Begriff stammt von Johannes R. Becher), sie kämpfte gegen die „Poesiefeindlichkeit“ des Westens und gegen die Ghettoisierung einer Hochkultur. Eine Demokratisierung sollte auf Ebene der Produktion, der Distribution und der Rezeption durchgeführt werden. Allerdings wurde durch die Zensur der Begriff der Demokratisierung ad absurdum geführt, da der Staat versuchte, die Literatur zu funktionalisieren und für seine Zwecke, für die des Realsozialismus, zu verwenden.
Das Regime förderte eine Literatur auf der Grundlage des Sozialistischen Realismus, ein darauf aufbauender Plan wurde als „Bitterfelder Weg“ bekannt. Unter den regimenahen Autoren ist vor allem Hermann Kant (1926) zu erwähnen. Johannes Bobrowski (1917–1965) verfasste die wichtigste Prosa seiner Zeit. In den 1970er Jahren lässt sich wie in der BRD eine Tendenz zur „Neuen Subjektivität“ feststellen. Viele Autoren mussten oder durften die DDR verlassen, so Wolf Biermann (1936), Sarah Kirsch (1935) und schon früher Uwe Johnson (1934-1984). Wichtige Autoren sind unter anderem: Christa Wolf (1929), Heiner Müller (1929–1995), Irmtraud Morgner (1933–1990), Stephan Hermlin (1915–1997), Stefan Heym (1913–2001), Jurek Becker (1937–1997).

Nationalsozialismus und Exilliteratur

Nationalsozialismus und Exilliteratur

Am 30. Januar 1933 wurde den Nationalsozialisten die Macht über das Deutsche Reich übergeben. Noch im selben Jahr fanden im Reich öffentliche Bücherverbrennungen statt. Unabhängige Literatur und Literaturkritik war nicht mehr möglich. Für die deutsche Republik Österreich traf dies erst mit dem Anschluss in 1938 zu, auch hier wurden Bücher verbrannt. Vom Regime wurde Blut-und-Boden-Dichtung gefördert, daneben bestand auch mehr oder weniger ideologiefreie Unterhaltungsliteratur. Bekannten Regimegegnern drohte der Tod, wenn sie nicht ins Exil gingen, so wurde Jakob van Hoddis und wohl auch Carl von Ossietzky umgebracht. Einige Schriftsteller blieben im Land (z. B. G. Benn), obwohl sie in Opposition zum Nationalsozialismus standen, sie werden zur so genannten Inneren Emigration gerechnet. Sie waren zum Schweigen verurteilt, schrieben für die Schublade oder über unpolitische Themen, die Abgrenzung zu tatsächlich unpolitischen Autoren fällt aber manchmal schwer. Bekannte Namen von im Reich Gebliebenen sind Gottfried Benn, Ernst Jünger, Erich Kästner, Ehm Welk, Gerhart Hauptmann, Heimito von Doderer, Wolfgang Koeppen, Josef Weinheber, Mirko Jelusich, Franz Koch und Robert Hohlbaum. Des Weiteren folgende Mitglieder der Dichterakademie: Will Vesper, Börries Freiherr von Münchhausen, Hans Grimm, Erwin Guido Kolbenheyer, Wilhelm Schäfer, Werner Beumelburg, Hans Friedrich Blunck, Agnes Miegel, Hanns Johst, Emil Strauß, sowie Rudolf G. Binding.
1500 namentlich bekannte Autoren gingen, oft über verschlungene Stationen, ins Exil, viele nahmen sich das Leben (Stefan Zweig, Kurt Tucholsky). Zentren deutscher Exilliteratur entstanden in vielen Staaten der Welt, darunter auch in der deutschen Schweiz, die besonders für Theaterautoren wichtig war. Angesichts der Masse an Schriftstellern, beinahe jeder von Rang ging ins Exil, kann man kaum von einer thematisch oder stilistisch einheitlichen Exilliteratur sprechen. Autoren, die auch im Exil produktiv blieben, waren unter anderem Thomas und Heinrich Mann, Bertolt Brecht, Anna Seghers, Franz Werfel und Hermann Broch. Andere, wie Alfred Döblin, Heinrich Eduard Jacob oder Joseph Roth, fanden sich nur schwer oder gar nicht zurecht. Nach dem Krieg blieben sie zum Teil im Ausland, einige kehrten zurück. Nachdem Elias Canetti infolge des österreichischen Anschlusses von Wien nach London ausgewandert war, bekam er den Literaturnobelpreis als britischer Staatsbürger. Auffällig ist, dass viele nicht mehr an ihre Leistungen in der Zwischenkriegszeit und im Exil anschließen konnten.

Expressionismus (etwa 1910–1920) und Avantgarde

Expressionismus (etwa 1910–1920) und Avantgarde

Der Expressionismus gilt als die letzte große Literaturströmung Deutschlands. Wie schon der Symbolismus ist sie eine avantgardistische Literaturströmung. Die Avantgarde ist neuartigkeits- und theoriebetonte Literatur, sie tritt mit antibürgerlichem Gestus auf. Dieser erreichte einen Höhepunkt im Dadaismus, der das bildungsbürgerliche Publikum mit Nonsense-Literatur brüskierte. Einflüsse kommen auch vom Surrealismus und Futurismus. Diese Richtungen erfuhren in Deutschland durch den Nationalsozialismus, europaweit durch den Zweiten Weltkrieg, eine Zäsur, in gewissem Sinne sogar ihren außerliterarisch bedingten Abbruch.
Als Initialzündung der expressionistischen Lyrik gilt Jakob van Hoddis' Gedicht „Weltende“ von 1911, dessen wenige Zeilen „schienen uns in andere Menschen zu verwandeln“, wie Johannes R. Becher formulierte. Gottfried Benn (1886–1956), der gerade die Ausbildung zum Mediziner beendete, erregte Aufsehen mit dem schmalen Band „Morgue“, der Gedichte in Prosaversen zu Themen brachte, die bislang kaum oder gar nicht dargestellt wurden (beispielsweise Leichenbeschauhaus, Geburt im Kreißsaal und Prostitution).
Weitere wichtige Autoren des Expressionismus waren Alfred Döblin (1878–1957), Albert Ehrenstein, Carl Einstein, Salomo Friedlaender, Walter Hasenclever, Georg Heym, Heinrich Eduard Jacob (1889–1967), Ludwig Rubiner, Else Lasker-Schüler (1869–1945), August Stramm, Ernst Toller (1893–1939), Georg Trakl (1887–1914) und Alfred Wolfenstein.
Neue Sachlichkeit
Nach dem Expressionismus setzte vermehrt eine nüchtern-realistische Haltung ein, die zusammenfassend als Neue Sachlichkeit bekannt wurde. Im Bereich der Dramatik sind hier Ödön von Horvath (1901–1938), Bertolt Brecht (1898–1956) und der Regisseur Erwin Piscator zu nennen, für die Epik unter anderem Erich Kästner (1899–1974), Anna Seghers (1900–1983), Erich Maria Remarque und Arnold Zweig, ebenso wie Marieluise Fleißer, Irmgard Keun oder Gabriele Tergit.

Von der Jahrhundertwende bis 1933

Von der Jahrhundertwende bis 1933

Mit Naturalismus und Symbolismus beginnt das, was man oft als die Klassische Moderne bezeichnet. Diese Zeit ist geprägt von einem Stilpluralismus, dem Nebeneinander verschiedener Strömungen. Die meisten Autoren lassen sich in mindestens eine dieser Stilrichtungen einordnen.
Symbolismus
In der Klassischen Moderne erlangte der Begriff der „Avantgarde“ eine besondere Wichtigkeit. Den Beginn nahm diese Epoche im Ausgang des 19. Jahrhunderts mit dem französischen Symbolismus, mit Dichtern wie Stéphane Mallarmé, Charles Baudelaire und Arthur Rimbaud. Die wichtigsten Vertreter des deutschen Symbolismus sind Stefan George (1868–1933), Hugo von Hofmannsthal (1874–1929) und Rainer Maria Rilke (1875–1926). Der Symbolismus verfolgt ein gänzlich anderes Programm als der oben beschriebene, ungefähr zeitgleiche Naturalismus. Symbolistische Lyrik ist elitär und legt höchsten Wert auf Schönheit und Form. Eine ihr verwandte Richtung in der Kunst ist der Jugendstil, der Zeitraum wird als Fin de Siècle bezeichnet.
Zentren der deutschen Literatur waren Berlin und Wien, entsprechend wird auch oft von „Berliner Moderne“ und „Wiener Moderne“ gesprochen. Diese erlitten einen jähen Abbruch mit dem Ausbrechen des Ersten Weltkrieges.
Moderne Epik
Parallel zu diesen programmatisch gegen die Tradition gerichteten Strömungen entstanden Prosawerke, die die alten Formen aufgriffen und weiterentwickelten; zu nennen sind Rainer Maria Rilke mit seinem Roman Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge (1910), Heinrich Mann (1871–1950) (der in dem Frühwerk als ein Wegbereiter des Expressionismus gelten darf), Thomas Mann (1875–1955) (mit artifiziellen Großromanen und Motive durchspielenden Erzählungen), Hermann Broch (1886–1951), Robert Musil (1880–1942), Franz Kafka (1883–1924) und Hermann Hesse (1877–1962).
Heimatkunst
Die Heimatkunst war eine literarische Strömung im deutschsprachigen Raum von etwa 1890 bis 1910. Sie entstand in unmittelbarem Anschluss an den Naturalismus. Der Hauptpropagandist der neuen Bewegung wurde der Schriftsteller und Literaturhistoriker Adolf Bartels, der 1898 in einem Artikel in der Zeitschrift Der Kunstwart erstmals den Begriff Heimatkunst verwendete. Gemeinsam mit Friedrich Lienhard verbreitete er die neuen Anschauungen in der kurzlebigen, in Berlin erscheinenden Zeitschrift Heimat.
Die neue Bewegung sollte vom Sujet der Großstadt weg und in Richtung Heimat und Volkstum gehen. Mit der weiten Auffassung von „Heimat“ ist nicht nur ländliches, sondern auch städtisches Leben gemeint, da auch die Stadt Heimat sein kann. Wie der Naturalismus, von dem sie einige Techniken übernahm, sollte sie neben der Liebe zur Heimat auch Kritik an ihr üben, was ihr nicht durchgehend gelang. In neueren Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Heimatkunstbewegung manche Grundgedanken der späteren Ökologiebewegung vorwegnahm.
Mit ihrer konservativen, antimodernistischen Grundhaltung war sie eine Vorläuferin der nationalsozialistischen Blut-und-Boden-Dichtung.

Naturalismus (1880–1900)

Naturalismus (1880–1900)

Der Naturalismus war eine neue Kunst- und Literaturrichtung, die die Verhältnisse in allen gesellschaftlichen Bereichen schonungslos aufdecken wollte. Was den Realisten der Jahrhundertmitte als Thema noch verpönt gewesen war, wurde zum Hauptgegenstand dieser literarischen Richtung. Ohne Rücksicht auf traditionelle Grenzen des so genannten guten Geschmacks und auf bürgerliche Kunstauffassungen sollten Wirklichkeitsausschnitte möglichst in einer Deckungsgleichheit zwischen Realität und Abbild wiedergegeben werden. Eine wesentliche stilistische Neuerung war es hierbei, dass Umgangssprache, Jargon und Dialekt Einzug hielten. Der individuelle Held, der sich frei entscheiden kann, steht nicht länger im Mittelpunkt der Erzählungen und Dramen, sondern der durch ein Kollektiv oder durch Herkunft, Milieu und Zeitumstände bestimmte Mensch.
Anders als in der russischen oder französischen Literatur gibt es im deutschen Sprachraum keine bedeutenden naturalistischen Romane. Arno Holz (1863–1929) schuf gemeinsam mit Johannes Schlaf (1862–1941) Lyrik und Kurzprosa („Papa Hamlet“). Bekannt ist Holz' Gleichung „Kunst = Natur - x“, wobei x nach Möglichkeit gegen Null streben, die Kunst also nichts weiter als Abbildung der Wirklichkeit sein sollte. Bedeutender ist der Beitrag von Gerhart Hauptmann (1862–1946), der mit Dramen wie den „Webern“ internationale Anerkennung fand. Am Rande des Naturalismus ist Frank Wedekind (1864–1918) zu sehen. Sein Drama „Frühlings Erwachen“ weist mit seiner pubertär-erotischen Thematik bereits in Richtung Fin de siècle.

الجمعة، 13 يونيو 2008

Poetischer Realismus (1848–1890)

Poetischer Realismus (1848–1890)

Im poetischen oder bürgerlichen Realismus mieden die Autoren die großen gesellschaftspolitischen Probleme und wandten sich der engeren, lokalen Heimat mit ihrer Landschaft und ihren Menschen zu. Im Zentrum aller Romane, Dramen und Gedichte steht der Einzelmensch, das Individuum. Das stilistische Merkmal vieler Werke des poetischen Realismus ist der Humor, der die Distanz zu dem eigentlich Unerträglichen und Empörenden der Wirklichkeit schafft. Er richtet hierbei eine Anklage gegen einzelne Fehler und Schwächen im Gesellschaftsgefüge, wendet sich aber nicht gegen das System als Ganzes.
Die bevorzugte Gattungsform war anfangs die Novelle. Beispiele dafür sind etwa „Das Amulett“ des Schweizers Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898) und „Der Schimmelreiter“ von Theodor Storm (1817–1888). Im Drama bleibt lediglich Friedrich Hebbel (1813–1863) (etwa mit „Maria Magdalena“) in Erinnerung. Später trat neben die Novelle noch der Roman. Hier sind unter anderem Gustav Freytag (1816–1895) und Wilhelm Raabe (1831–1910) zu nennen.
Die beiden Größen des bürgerlichen Realismus sind der Schweizer Gottfried Keller (1819–1890), der unter anderem mit Theodor Storm in regem Briefkontakt stand, und Theodor Fontane (1819–1898). Keller schrieb den Bildungsroman „Der grüne Heinrich“ sowie die Novellenzyklen Züricher Novellen und Die Leute von Seldwyla, wozu „Romeo und Julia auf dem Dorfe“ gehört. Fontane, der als Journalist begonnen hatte, schrieb Romane wie „Frau Jenny Treibel“ oder „Effi Briest“. Er weitete seine Sicht von einer zentralen Figur immer weiter zum Gesellschaftsroman aus.
In Österreich finden sich dörfliche Motive bei Marie von Ebner-Eschenbach (1830–1916), Ludwig Anzengruber (1839–1889) und, schon nach Ausklingen der Epoche, Peter Rosegger (1843–1918).
Bürgerlicher Realismus
Der Bürgerliche Realismus ist eine literarische Strömung von 1848 (Märzrevolution) bis Ende des 19. Jahrhunderts, die vorrangig in Deutschland zum Tragen kam. Sie wird üblicherweise in zwei Phasen unterteilt: In der ersten Phase (etwa 1849-1859) werden die programmatischen Grundlagen des Bürgerlichen Realismus festgelegt. In der zweiten Phase erhält der Bürgerliche Realismus neue Impulse, etwa durch den Gesellschaftsroman und wird kritischer.
Bild der Epoche
Diese Epoche beginnt 1848 mit dem Scheitern der bürgerlichen Revolution und endet mit dem Aufkommen des Naturalismus, der das Leben und die sozialen Probleme des Arbeiterstandes und der notleidenden Menschen beschreibt. Das gebildete Bürgertum (Träger der Revolution) verzichtet nach 1848 auf politische Macht und erkauft sich so Wohlstand, soziale Ruhe und Ordnung. 1871 kommt es zur Einigung Deutschlands, das einen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt (Gründerzeit). Deutschland wird zum hochentwickelten Industriestaat, während Österreich bis ins 20. Jahrhundert ein Agrarstaat bleibt. Soziale Folgen der Industrialisierung sind das Anwachsen der Städte (Fabriken, Mietskasernen), starkes Bevölkerungswachstum, Verelendung der Industriearbeiter, Verschärfung der Gegensätze zwischen Industriekapitalismus (Besitzbürgertum) und Proletariat (vierte Stand), Auswanderungswellen. Trotz erster Sozialgesetze verarmt der vierte Stand immer mehr. Karl Marx und Friedrich Engels schreiben das Manifest der kommunistischen Partei. Viele Dichter (und auch Bildungsbürger) ziehen sich in eine apolitische Innerlichkeit zurück und damit erfolgt auch eine geistige Abgrenzung von der radikalen Wirklichkeit. Humor und Ironie in der Dichtung sollen den Widerspruch zwischen persönlicher Wunschvorstellung und objektiver Wirklichkeit auflösen. Die Literaturproduktion erlebt einen Aufschwung: Leihbüchereien und Volksbibliotheken entstehen, Wochenzeitschriften (Gartenlaube. Illustriertes Familienblatt) und Illustrierte werden verlegt, viele Autoren unterwerfen sich den Zwängen der Massenproduktion und dem Geschmack breiter Leserschichten.
Programmatik des bürgerlichen Realismus
Die meisten Werke des bürgerlichen Realismus entsprechen einer gemeinsamen programmatischen Basis. Vor allem in der ersten Phase ging es um eine Idealisierung des Bürgertums und die Hervorhebung des bürgerlichen Wertekanons.